In der Vergangenheit wurde die Förderung der sozialen Gerechtigkeit manchmal mit der Forderung nach Gleichheit im Ergebnis verwechselt. Letztlich wurde damit die Bedeutung von eigener Anstrengung und Verant-wortung ignoriert und nicht belohnt und die soziale Demokratie mit Konformität und Mittelmäßigkeit verbunden statt mit Kreativität, Diversität und herausragender Lei-stung. Einseitig wurde die Arbeit immer höher mit Kosten belastet.
Der Weg zur sozialen Gerechtigkeit war mit immer höheren öffentlichen Ausgaben gepflastert, ohne Rücksicht auf Ergebnisse oder die Wirkung der hohen Steuer-last auf Wettbewerbsfähigkeit, Beschäftigung oder private Ausgaben. Qualitätvolle soziale Dienstleistungen sind ein zentrales Anliegen der Sozialdemokraten, aber soziale Gerechtigkeit läßt sich nicht an der Höhe der öffentlichen Ausgaben messen. Der wirkliche Test für die Gesell-schaft ist, wie effizient diese Ausgaben genutzt werden und inwieweit sie die Menschen in die Lage versetzen, sich selbst zu helfen.
Die Ansicht, daß der Staat schädliches Marktversagen korrigieren müsse, führte allzuoft zur überproportionalen Aus-wei-tung von Verwaltung und Bürokratie, im Rahmen sozialdemokratischer Politik. Wir haben Werte, die den Bürgern wichtig sind - wie persönliche Leistung und Erfolg, Un-ternehmer-geist, Eigenverantwortung und Gemeinsinn - zu häufig zurückgestellt hinter universelles Sicherungsstreben.
Allzu oft wurden Rechte höher bewertet als Pflichten. Aber die Verantwortung des ein-zelnen in Familie, Nachbarschaft und Gesellschaft kann nicht an den Staat delegiert wer-den. Geht der Gedanke der gegenseitigen Verantwortung verloren, so führt dies zum Ver-fall des Gemeinsinns, zu mangelnder Verantwortung gegenüber Nachbarn, zu steigender Kriminalität und Vandalismus und einer Überlastung des Rechtssystems.
Die Fähigkeit der nationalen Politik zur Feinsteuerung der Wirtschaft hinsichtlich der Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen wurde über-, die Bedeutung des einzelnen und der Wirtschaft bei der Schaffung von Wohlstand unterschätzt. Die Schwächen der Märkte wurden über-, ihre Stärken unterschätzt.
In einer Welt immer rascherer Globalisierung und wissenschaftlicher Veränderungen müssen wir Bedingungen schaffen, in denen bestehende Unternehmen prosperieren und sich entwickeln und neue Unternehmen entstehen und wachsen können.
Neue Technologien ziehen radikale Veränderungen der Arbeit sowie eine Internationalisie-rung der Produktion nach sich. Einerseits führen sie dazu, daß Fertig-keiten verlorengehen und einige Wirtschaftszweige schrumpfen, anderer-seits fördern sie die Entstehung neuer Unternehmen und Tätigkeiten. Daher besteht die wichtigste Auf-gabe der Modernisierung darin, in Humankapital zu investieren, um sowohl den einzelnen als auch die Unternehmen auf die wissensgestützte Wirtschaft der Zukunft vorzubereiten.
Ein einziger Arbeitsplatz fürs ganze Leben ist Vergangenheit. Sozialdemokraten müssen den wachsenden Anforderungen an die Flexi-bilität gerecht werden und gleichzeitig soziale Mindestnormen aufrechterhalten, Familien bei der Bewältigung des Wandels helfen und Chancen für die eröffnen, die nicht Schritt halten können.
Wir stehen zunehmend vor der Herausforderung, umweltpolitische Verantwortung gegenüber künftigen Generationen mit materiellem Fortschritt für die Breite der Gesellschaft zu vereinbaren. Wir müssen Verantwortung für die Umwelt mit einem modernen, marktwirtschaftlichen Ansatz verbinden. Was den Umweltschutz anbelangt, so verbrauchen die neuesten Technologien weniger Ressourcen, eröffnen neue Märkte und schaffen Arbeitsplätze.
Die Höhe der Staatsausgaben hat trotz einiger Unterschiede mehr oder weniger die Grenzen der Akzeptanz erreicht. Die notwendige Kürzung der staatlichen Ausgaben erfordert eine radikale Modernisierung des öffentlichen Sektors und eine Leistungssteigerung und Strukturreform der öf-fentlichen Verwaltung. Der öffentliche Dienst muß den Bürgern tatsächlich dienen: Wir werden da-her nicht zögern, Effizienz-, Wettbewerbs- und Leistungsdenken einzuführen.
Die sozialen Sicherungssysteme müssen sich den Veränderungen in der Lebenserwar-tung, der Familienstruktur und der Rolle der Frauen anpassen. Sozialdemokraten müssen Wege finden, die immer drängenderen Probleme von Kriminalität, sozialem Zerfall und Drogenmißbrauch zu bekämpfen. Wir müssen uns an die Spitze stellen, wenn es darum geht, eine Gesellschaft mit gleichen Rechten und Chancen für Frauen und Männer zu schaffen.
Die Kriminalität ist ein zentrales politisches Thema für die moderne Sozialdemokraten: So verstehen wir Sicherheit auf den Straßen als ein Bürgerrecht.
Armut, insbesondere unter Familien mit Kindern, bleibt ein zentrales Problem. Wir brauchen gezielte Maßnahmen für die, die am meisten von Marginalisierung und sozialer Ausgrenzung bedroht sind. Und: Eine Politik für lebenswerte Städte fördert Gemeinsinn, schafft Arbeit und macht die Wohnviertel sicherer.
Der Staat soll nicht rudern, sondern steuern, weniger kontrollieren als herausfordern. Problemlösungen müssen vernetzt werden.
Innerhalb des öffentlichen Sektors muß es darum gehen, Bürokratie auf allen Ebenen abzubauen, Leistungsziele zu formulieren, die Qualität öffentlicher Dienste rigoros zu überwachen und schlechte Leistungen auszumerzen.
Moderne Sozialdemokraten lösen Probleme, wo sie sich am besten lösen lassen. Einige Probleme lassen sich jetzt nur noch auf europäischer Ebene lösen. Andere, wie die jüngsten Finanzkrisen, erfordern eine stärkere internationale Zusammenarbeit. Im Grund-satz sollte jedoch gelten, daß Machtbefugnisse an die niedrigstmögliche Ebene delegiert werden.
Wenn die neue Politik gelingen soll, muß sie eine Aufbruchstimmung und einen neuen Unternehmergeist auf allen Ebenen der Gesellschaft fördern. Dies erfordert :
kompetente und gut ausgebildete Arbeitnehmer, die willens und bereit sind, neue Verantwortung zu übernehmen.
Ein Sozialsystem, das Initiative und Kreativität fördert und neue Spielräume öffnet;
Ein positives Klima für unternehmerische Selbständigkeit und Initiative. Kleine Unternehmen müssen leichter zu gründen sein und überlebensfähiger werden;
Wir wollen eine Gesellschaft, die erfolgreiche Unternehmer ebenso positiv bestätigt wie erfolgreiche Künstler und Fußballspieler und die Kreativität in allen Lebensbereichen zu schätzen weiß.
Unsere Staaten haben unterschiedliche Traditionen im Umgang zwischen Staat, Industrie, Gewerkschaften und gesellschaftlichen Gruppen, aber wir alle teilen die Überzeugung, daß die traditionellen Konflikte am Arbeitsplatz überwunden werden müssen.
In Deutschland hat die neue sozialdemokratische Regierung deshalb sofort nach Amts-antritt Spitzenvertreter von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften zu einem Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit um einen Tisch versammelt.
Wir möchten wirkliche Partnerschaft bei der Arbeit, indem die Beschäftigten die Chance erhalten, die Früchte des Erfolgs mit den Unternehmern zu teilen.
Wir wollen, daß die Gewerkschaften in der Modernen Welt verankert bleiben. Wir wollen, daß sie den einzelnen gegen Willkür schützen und in Kooperation mit den Arbeitgebern den Wandel gestalten und dauerhaften Wohlstand schaffen helfen.
In Europa streben wir - unter dem Dach eines Europäischen Beschäftigungspaktes - einen fortlaufenden Dialog mit den Sozialpartnern an. Das befördert den notwendigen ökonomischen Wandel.
Die EU sollte auch weiterhin als entschiedene Kraft für die Liberalisierung des Welt-handels eintreten.
Die EU sollte auf den Errungenschaften des Binnenmarktes aufbauen, um wirtschaftliche Rahmenbedingungen zu stärken, die das Produktivitätswachstum fördern.
Die Unternehmensbesteuerung sollte vereinfacht, und die Körperschaftssteuersätze sollten gesenkt werden, wie dies New Labour im Vereinigten Königreich getan hat und wie es die Bundesregierung plant.
Um sicherzustellen, daß Arbeit sich lohnt, und um die Fairness des Steuersystems zu stärken, sollten Familien und Arbeitnehmer entlastet werden, wie dies in Deutschland (mit dem Steuerentlastungsgesetz) begonnen wurde - und mit der Einführung niedrigerer Eingangssteuersätze und dem Steuerkredit für arbeitende Familien in Großbritannien.
Investitionsneigung und Investitionskraft der Unternehmen - insbesondere des Mittelstandes - sollten gestärkt werden, wie dies die sozialdemokratisch geführte Bundesregierung in Deutschland mit der Unternehmenssteuerreform beabsichtigt, und wie es die Reform der Kapitaleinkünfte und der Unternehmenssteuern in Großbritannien zeigt.
Die Steuerbelastung von harter Arbeit und Unternehmertum sollte reduziert werden. Die Steuerbelastung insgesamt sollte neu ausbalanciert werden, zum Beispiel zu Lasten des Umweltverbrauchs. Deutschland, Großbritannien und andere sozialdemokratisch regierte Länder Europas gehen auf diesem Weg voran.
Auf EU-Ebene sollte die Steuerpolitik energische Maßnahmen zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs und der Steuerflucht unterstützen. Dies erfordert bessere Zusammenarbeit, nicht Uniformität. Wir werden keine Maßnahmen unterstützen, die zu einer höheren Steuerlast führen und die Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze in der EU gefährden.
Erfolgreiche Programme, die von der Sozialhilfe in die Beschäftigung führen, steigern das Einkommen der zuvor Beschäftigungslosen und verbessern das den Arbeitgebern zur Verfügung stehende Arbeitskräfteangebot.
Moderne Wirtschaftspolitik strebt an, die Nettoeinkommen der Beschäftigten zu er-höhen und zugleich die Kosten der Arbeit für die Arbeitgeber zu senken. Deshalb hat die Senkung der ge-setzlichen Lohnnebenkosten durch strukturelle Reformen der sozialen Sicherungs-systeme und eine zukunftsorientierte, beschäftigungsfreundliche Steuer- und Abgabenstruktur besondere Bedeu-tung.
Ziel sozialdemokratischer Politik ist es, den Scheinwiderspruch von Angebots- und Nachfragepolitik zugunsten eines fruchtbaren Miteinanders von mikroökonomischer Flexibilität und makroökonomischer Stabilität zu überwinden.
Unternehmen müssen genügend Spielraum haben, um sich die verbesserten Wirt-schaftsbedingungen zunutze zu machen und neue Chancen zu ergreifen: Sie dürfen nicht durch Regulierungen und Paragraphen erstickt werden.
Unsere Volkswirtschaften befinden sich im Übergang von der industriellen Produktion zur wissensorientierten Dienst-leistungsgesellschaft der Zukunft. Sozialdemo-kraten müssen die Chance ergreifen, die dieser wirtschaftlicher Umbruch mit sich bringt.
Moderne Sozialdemokraten sind keine Laisser-faire-Neoliberalen. Flexible Märkte müssen mit einer neu definierten Rolle für einen aktiven Staat kombiniert werden. Erste Priorität muß die Investition in menschliches und soziales Kapital sein.
Die Ausbildungsqualität auf allen Ebenen der schuli-schen Bildung und für jede Art von Begabung muß gesteigert werden: Wo Probleme bei Lesen, Schreiben und Rechnen bestehen, müssen diese behoben werden, da wir ansonsten Menschen zu einem Leben mit niedrigem Einkom-men, Unsicherheit und Arbeitslosigkeit verurteilen.
Wir wollen, daß jeder Jugendliche die Chance erhält, sich über eine qualifizierte Berufsausbildung den Weg in die Arbeitswelt zu bahnen. Im Dialog mit den Arbeitgebern, den Gewerkschaften und anderen müssen wir sicherstellen, daß Bildungschancen und eine ausreichende Zahl von Ausbildungsplätzen zur Verfügung gestellt und die Bedürfnisse der lokalen Arbeitsmärkte gedeckt werden. In Deutschland unterstützt die Politik dieses Vorhaben mit einem Sofortprogramm für Arbeit und Ausbildung, das 100.000 Jugendlichen einen neuen Job, eine Lehrstelle oder eine Qualifizierung vermittelt. In Großbritannien hat das "wefare to work"-Programm es bereits 95.000 Jugendlichen ermöglicht, Arbeits- und Ausbildungsplätze zu finden.
Wir müssen die nachschulische Ausbildung reformieren und ihre Qualität heben und gleichzeitig Bildungs- und Ausbildungsprogramme modernisieren, um Anpassungs- und Beschäftigungsfähigkeit im späteren Leben zu fördern. Dem Staat kommt die besondere Aufgabe zu, Anreize zur Bildung von Sparkapital zu setzen, um die Kosten des lebenslangen Lernens bestreiten zu können. Auch soll ein breiterer Bildungszugang durch die Förderung des Fernunter-richts geschaffen werden.
Wir sollten sicherstellen, daß die Ausbildung eine wesentliche Rolle in unseren aktiven Arbeitsmarktpolitiken für Arbeitslose und die von Arbeitslosigkeit betroffenen Haushalte spielt.
Eine moderne und effiziente öffentliche Infrastruktur einschließlich einer starken Wissenschaftsbasis ist ein wesentliches Merkmal einer dynamischen arbeitsplätzeschaf-fenden Wirtschaft. Es ist wichtig sicherzustellen, daß sich die öffentlichen Ausgaben in ihrer Zusammensetzung auf diejenigen Tätigkeiten konzentrieren, die dem Wachstum und der Förderung des not-wendigen Strukturwandels am besten dienen. Moderne Sozialdemokraten müssen die Anwälte des Mittelstands sein
Europas Kapitalmärkte sollten geöffnet werden, damit Unternehmen und Unternehmer leichten Zugang zu Finanzierungsquellen erhalten. Wir wollen gemeinsam daran arbeiten, sicherzustellen daß High-Tech-Firmen im Wachstum denselben Zugang zu den Kapitalmärkten erhalten wie ihre Konkurrenten.
Wir sollten es dem einzelnen leicht machen, Unternehmen zu gründen, und neuen Firmengründungen sollten wir Wege bahnen, indem wir Kleinunternehmen von administrativen Belastungen befreien und ihren Zugang zu Finan-zie-rungs-möglichkeiten erweitern. Wir sollten es Kleinunternehmen im besonderen erleichtern, neues Personal einzustellen: Dies bedeutet, die Regulierungs-last zu verringern und die Lohn-nebenkosten zu senken.
Die Verbindungen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft sollten gestärkt werden, um mehr unternehmerische Nebeneffekte ("spin offs") aus der Forschung und die Förderung der Konzentration ("clusters") neuer High-Tech-Industrien zu gewährleisten.
dafür sorgen, daß sich Arbeit für den einzelnen und die Familie lohnt. Der größte Teil des Einkommens muß in den Taschen derer verbleiben, die dafür gearbeitet haben;
Arbeitgeber durch den gezielten Einsatz von Subventionen für geringfügige Beschäftigung und die Verringerung der Steuer- und Sozialabgabenlast auf geringfügige Beschäftigungs-verhältnisse ermutigen, "Einstiegsjobs" in den Arbeitsmarkt anzubieten. Wir müssen aus-loten, wieviel Spielraum es gibt, die Belastung durch Lohnnebenkosten mit Hilfe von Umweltsteuern zu senken;
gezielte Programme für Langzeitarbeitslose und andere Benachteiligte auflegen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, sich unter Beachtung des Grundsatzes, daß Rechte gleichzeitig auch Pflichten bedingen, wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren;
alle Leistungsempfänger, darunter auch Menschen im arbeitsfähigen Alter, die Erwerbsunfähigkeitsleistungen beziehen, auf ihre Fähigkeit überprüfen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und die staatlichen Stellen so reformieren, daß sie Arbeitsfähige dabei unterstützen, eine geeignete Beschäftigung zu finden
Unternehmergeist und Geschäftsgründungen als gangbaren Weg aus der Arbeitslosigkeit unterstützen. Solche Entscheidungen bringen erhebliche Risiken für diejenigen mit sich, die einen solchen Schritt wagen. Wir müssen diese Menschen unterstützen, indem wir diese Risiken kalkulierbar machen.
Die neue angebotsorientierte Agenda der Linken wird den Strukturwandel beschleunigen. Sie wird es aber auch leichter machen, mit ihm zu leben und ihn zu gestalten.
es soll eine Reihe von Ministerbegegnungen geben, begleitet von häufigen Kontakten ihrer engsten Mitarbeiter.
Zweitens werden wir die Diskussion mit den politischen Führungspersönlichkeiten anderer europäischer Staaten suchen, die mit uns - in ihrem jeweiligen innerstaatlichen Kontext - die Sozialdemokratie modernisieren wollen. Damit beginnen wir jetzt.
Drittens werden wir ein Netzwerk von Fachleuten, Vor-Denkern, politischen Foren und Diskussions-runden einrichten. So vertiefen wir das Konzept der Neuen Mitte und des Dritten Weges und entwickeln es ständig weiter. Das hat für uns Priorität.
Ziel dieser Erklärung ist es, einen Anstoß zur Modernisierung zu geben. Wir laden alle Sozialdemokraten in Europa dazu ein, diese historische Chance zur Erneuerung nicht ver-streichen zu lassen.